Stimmungsvolles Sommerfest mit Sonne, Wolken, Blitz, Donner - und Werner Reinke

Bei dem diesjährigen Sommerfest des Ortsverbandes Wiesbaden in Eltville war alles dabei: Beste Unterhaltung mit Radiolegende Werner Reinke und seiner Frau Lidia Antonini, die als Musikredakteurin seine Samstagssendungen auf hr1 gestaltet - sowie Sonne, Blitz und Donner. Und ernste Töne. Denn auf die Frage von Sylvia Kuck, Wiesbadener Ortsverbandsvorsitzende des DJV Hessen und Mitglied des hr-Personalrates: „Stirbt das Radio?“ antwortet Reinke nur kurz und knapp mit: „Ja.“ Aber das müsse man nicht hinnehmen.

Sylvia Kuck, Vorsitzende des Ortsverbandes Wiesbaden, hört Lidia Antonini und Werner Reinke, aufmerksam zu.

Daumen hoch für den schönen Abend - die gut gelaunten Mitgieder, ihre Beigleiterinnen und Begleiter ließen sich selbst nicht vom Gewitter die Laune vermiesen. Fotos: Wolfgang Minich

Der 77-jährige Norddeutsche moderiert bereits seit Jahrzehnten Radiosendungen. Erste professionelle Berührungen mit Musik und Mikro hatte er in den 1960er Jahren als Discjockey. Dann jobbte er bei Radio Bremen, wo er 1969 als Zwanzigjähriger als Nachrichtensprecher eingestellt wurde. Nur zwei Jahre später kam er zum Hessischen Rundfunk nach Frankfurt.

„Du machst schon so lange Radio und ich habe den Eindruck, es macht Dir immer noch Spaß. Oder?“, will Sylvia Kuck von Werner Reinke wissen. „Sonst würde ich es nicht mehr machen“, bestätigt der Senior mit seiner sonoren Stimme, die tausende Hörer von ihm kennen. Kuck ist ebenfalls Hörfunk-Journalistin beim hr und lässt uns Mitglieder des DJV Hessen an diesem Sommerabend ein bisschen hinter die Kulissen schauen.  

Große Sorgen wegen Sparmaßnahmen

Beim hr werde am Musikjournalismus wie auch bei anderen Programmen teilweise kräftig gespart. Das bereitet vielen hr-Journalistinnen und Journalisten große Sorgen. „Das tut so weh, dem Radio beim Sterben zuzusehen“, beschrieb ein Kollege der engagierten hr-Personalrätin Kuck seine Gefühle.

Das Radio sterbe, vermutet auch Werner Reinke. Es habe vor 34 Jahren mit dem Privaten Radio begonnen. 1989 hätte man dort geschaut, was gibt es noch nicht und dann die „Hitwellen“ mit wenig - oft nicht ausgebildetem - Personal aus der Taufe gehoben. Es sollte möglichst wenig geredet werden, nur:  Uhrzeit, Titel der Sendung und Sender. Statt einem Moderator wurden zwei oder sogar drei für die Prime-Time-Sendungen eingesetzt. Das verringerte das Risiko, das einer es nicht schafft.

Eintöniges Programm durch Berater

„Doch dann kam das Drama“, so Werner Reinke, „und darunter leiden wir immer noch. Und, deshalb stirbt das Radio.“ Denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk wollte gleichziehen, warb das Personal vom Privaten Radio ab und machte das gleiche Programm. „Wir kriegen heute Anrufe und Mails wie verrückt. Ihr macht immer nur denselben Musiksch…, spielt doch mal etwas anderes“, berichtet der noch immer erfolgreiche hr1-Moderator.

Die Ursache für die Eintönigkeit im Programm seien die Berater, die Musiklisten mit etwa 500 Titeln vorlegten und versprachen: Wenn ihr die spielt, dann habt ihr auf jeden Fall Erfolg. Reinke: „Das ist möglicherweise bei den Privaten richtig gewesen, aber das ist nicht der Charakter des öffentlich-rechtlichen Radios.“ Jetzt sei man nach 34 Jahren allerdings soweit, dass alle davon „durchgeistig“ wären.

Bäckerei wird zum "Brötchenladen"

Um gegen das Sterben des Radios vorzugehen, wären nach Werner Reinke deshalb enorme Anstrengungen nötig: mehr Personal, mehr Programm aus Eigeninitiative, weniger lediglich Playlists verwalten. Zur Verdeutlichung bringt der gelernte Kaufmann einen Vergleich: „Wenn ich einen Bäckerladen hätte und am meisten Brötchen verkaufte. Und dann würde mir ein Berater sagen, verkauf nur noch Brötchen. Das andere lohnt sich ja nicht. Dann ist der Bäckerladen irgendwann ein Brötchenladen. Das der irgendwann pleitegeht, ist klar.“

Wenn Rundfunksender in Konkurrenz zu Streaming-Diensten wieder Beachtung finden wollten, müsse man Hörerinnen und Hörer individuell ansprechen, man müsse zurück zu interessantem Radio mit interessanten Programm-Inseln. Rundfunk bedeutet laut Reinke: „Ich habe einen tollen Einfall und den funke ich in die Runde. Und nicht: Ich frage ab, was willst Du denn hören und da spiele ich etwas drauf.“

"Es muss nicht sterben"

Der Grandseigneur des deutschen Hörfunks, der 2012 den Deutschen Radiopreis in der Kategorie „Bester Moderator“ verliehen bekam, fasst das Problem noch einmal zusammen: „Das Radio stirbt, weil vermutlich niemand mehr die Kraft aufbringen kann das zu ändern. Aber es muss nicht sterben, weil wir immer noch die Möglichkeit haben, den Rückweg anzutreten.“  Heike Parakenings-Siefert

 

 

 

 

 

 

 

 


Ortsverband Wiesbaden

Ortsverbandsvorsitzende: Sylvia Kuck

Stellvertreter: Volker Watschounek

zweite Stellvertreterin: Heike Parakenings-Siefert

Kontakt: Geschäftsstelle des DJV, Tel. 0611/3419124/ E-Mail: wiesbaden@djv-hessen.de