Was macht man, wenn man von einem brisanten Thema so viel abenteuerliches Hintergrundwissen hat und dies dem breiten Publikum näherbringen möchte, ohne in jedwede, juristische Fallstricke zu geraten? Man schreibt besser einen Roman. Das sagten sich die beiden Journalisten, Franz Wauschkuhn, früherer Leiter der NDR-Wirtschaftsredaktion, und Carl-Ludwig Paeschke, viele Jahre in der Redaktion ZDF-Zeitgeschichte, mit Blick auf den vermutlich größten Finanzskandal der Republik: Cum-Ex. Finanzgeschäfte, bei denen die deutschen Steuerzahler um Milliarden betrogen wurden und die seit Jahren schon die Schlagzeilen beherrschen. Doch was weiß man wirklich?
In „Derby der trojanischen Pferde - eine Finanzgroteske“ haben die beiden Journalisten all ihr Wissen über die heiklen Machenschaften um den milliardenschweren Steuerbetrug im Cum-Ex-Skandal gepackt. Es geht um Monopole, Dividendenstripping, Zinsswaps, Leerverkäufe - verwirrende Aktien-Deals häufig am Rande der Legalität. Das schließt die oftmals „unheilige Allianz“ zwischen maßlosen Investmentbankern und käuflichen Spitzenpolitikern ein. Herausgekommen ist ein „Märchen“, das im Wesentlichen in Hessen, im Spannungsfeld zwischen der Landesregierung in Wiesbaden und dem Finanzplatz Frankfurt spielt. Die Lesung und Diskussion mit den beiden Autoren war ein Hintergrundgespräch, zu dem der DJV-Ortsverband Wiesbaden eingeladen hatte.
Das Thema ist kompliziert. Deshalb gab Sylvia Kuck, die Vorsitzende des Ortsverbands, einen Überblick über die Nachrichtenlage zum Cum-Ex-Skandal. Sie berichtete über das Urteil des Bonner Landgerichts gegen Steueranwalt Hanno Berger. Auch das Landgericht Wiesbaden verhängte im Mai eine Strafe von mehr als acht Jahren Haft gegen ihn. Außerdem steht aktuell Christian Olearius, der ehemalige Chef der Warburg Bank, als Hauptbeschuldigter vor dem Bonner Landgericht und beteuert seine Unschuld. Mit einem Urteil sei frühestens Ende März 2024 zu erwarten.
Die beiden Roman-Autoren schilderten eindrucksvoll ihre Herangehensweise. Sie beschrieben Seilschaften und Absurditäten, die teilweise wie ein Staatsgeheimnis gehütet werden, und gaben Beispiele aus ihrer Recherche, zitierten Akten und Quellen inklusive Aussagen aus persönlichen Begegnungen: aus der Cum-Ex-Geschichte, der Aufarbeitung im Hier und Jetzt und eben auch vom Schauplatz Hessen.
Selbstverständlich - so Wauschkuhn und Paeschke - seien in einem Märchen Ähnlichkeiten mit in Wirklichkeit handelnden Personen nur rein zufällig. Sie seien sehr vorsichtig gewesen und auch von Juristen ihres Verlags unterstützt worden. Man habe es einfach gewagt, etwas zu beschreiben, was man nur in einem Roman, einem Märchen behaupten kann. Ein märchenhafter Abend mit Blick hinter die Kulissen, der auch erahnen ließ, dass die Aufarbeitung des Skandals um steuerwirksame Leerverkäufe noch lange nicht zu Ende und auch das Märchen wohl noch nicht ganz fertig geschrieben ist.
Claudia Kroll-Kubin
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