Tag der Pressefreiheit 03.05.2022

Foto: Wolfgang Kühner

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Der Krieg und die Lüge

Am Abend luden der Presseclub Wiesbaden und der DJV Hessen zur gemeinsamen Diskussion über den Stand der Pressefreiheit in der Ukraine und besonders in Russland. Fake News in Kriegszeiten sind beileibe kein neues Phänomen. „Die wachsende Medienkontrolle wurde immer wichtiger“, sagte Dr. Gregor Daschmann, Professor für Publizistik an der Johannes Gutenberg Universität Mainz. Doch das schiere Ausmaß in Russland überraschte selbst den Experten.

Frisch und heil aus der Ukraine zurückgekehrt und der Diskussion zugeschaltet, berichtete ARD-Korrespondent Oliver Mayer von seinen Erlebnissen. Einflussnahme auf seine Berichterstattung habe er nicht erlebt. Meist waren er und sein Team auf eigene Faust unterwegs. „Es ist nicht leicht, an verlässliche Informationen wie beispielsweise korrekte Opferzahlen auf beiden Seiten zu gelangen.“ Im jährlichen Ranking der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen ist die Ukraine um neun Positionen auf Rang 106 von 180 abgerutscht. Extra anlässlich der Diskussion hatte sich Mayer bei seinen ukrainischen Kolleginnen und Kollegen umgehört. „Viele haben sehr gute Erfahrungen mit Pressefreiheit gemacht.“ Sie hätten auch vor dem Krieg relativ frei berichten können. In der aktuellen Phase gibt es ein Übereinkommen mit der Regierung, welche Art von Informationen nicht veröffentlicht werden, wie militärische Details, Todeszahlen und dergleichen. „Alle Journalisten, mit denen ich gesprochen habe, können das in der jetzigen Situation durchaus verstehen und finden es gut, dass man sich an gemeinsame Absprachen hält – auch um keine Informationen in russische Hände zu tragen.“

Doch auch in Friedenszeiten ist die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten weltweit mitunter gefährlich. Inhaftierten oder gar getöteten Pressevertreten setzt der Verein „Wahrheitskämpfer“ Denkmäler in Form von gezeichneten Portraits. Initiatorin Susanne Köhler schockte der tödliche Anschlag auf die französische Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo im Januar 2015, da auch sie selbst kritische Comics veröffentlicht. Im gleichen Monat berichtete unter anderem die Wochenzeitung Die Zeit über den getöteten mexikanischen Journalisten Moisés Sánchez, der zuvor regelmäßig über Korruption berichtet hatte und dafür mehrfach Morddrohungen erhielt. „Er hat einfach seine Arbeit fortgesetzt. ‚Nur‘ damit wir informiert werden, hat er sein Leben riskiert. Wenn ich schon Angst habe, was hat dieser Mensch alles ausgehalten“, fragte sich Köhler. Auf der Suche nach Hintergründen fand sie im Internet Fotos des getöteten Journalisten und zeichnete kurz darauf ein Portrait. Mittlerweile haben weltweit 50 Künstlerinnen und Künstler über 500 Portraits gezeichnet, welche auf der Internetseite des Vereins präsentiert werden. http://wahrheitskaempfer.de/

Damit bedrohte Journalistinnen und Journalisten im besten Fall nicht mehr um ihr Leben fürchten müssen oder sich in Haft befindende wieder freigelassen werden, sei es äußerst wichtig Öffentlichkeit zu schaffen, wie Gastgeberduo Stefan Schröder und Sylvia Kuck betonten. Und eben nicht „nur“ am 3. Mai.

Jens Brehl

 

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