Im Geist der (Presse-)Freiheit: Gedenken an die Revolution

Eine Veranstaltung der Kulturregion Frankfurt RheinMain GmbH, am "Internationalen Tag der Pressefreiheit". Ort: Historisches Museum Frankfurt am Main. Außer dem DJV Hessen sind der BüchnerBühne Riedstadt e.V., das Historisches Museum Frankfurt und das Institut für Stadtgeschichte Frankfurt Kooperationspartner. Das „Extrablatt“ ist ein Projekt, das viele Mitwirkende, freie Autoren und Autorinnen, Schulen, Fotografen und Fotografinnen sowie Gemeinden und Museen des Rhein-Main-Raumes möglich machten. 36 Seiten spannende Text- und Bildbeiträge lassen die Zeit der Revolution für den Leser lebendig werden.

Projekt "Extrablatt" zum 175. Jubiläum der Revolution

Sylvia Kuck, Vorstandsmitglied DJV Hessen, überreicht Projektleiterin Zeller symbolisch für die Pressefreiheit eine Rose.

Schauspieler der Büchner Bühne präsentieren historische Texte.

Hanauer Ultimatum: Christian Suhr trägt die Eilmeldung vom 9. März 1848 an den hessischen Kurfürsten in Kassel vor.

Felicitas Faulstroh und Lilli Böser von der Frankfurter Anna-Schmidt-Schule spielen ein Interview mit Henriette Zobel nach, die wegen einer jahrelanger Strafe ins Zuchthaus musste. Fotos (5): Wolfgang Minich

Zur Eröffnung richtete Sylvia Kuck, als Vertreterin des DJV Hessen, ein Grußwort zum "Internationalen Tag der Pressefreiheit" an die Gäste der Veranstaltung und übereichte Projektleiterin Magdalena Zeller eine orangefarbene Rose. In Erinnerung daran, dass es eine kostbare Errungenschaft  ist, dass Journalistinnen und Journalisten unerschrocken Informationen sammeln, einfordern und unabhängig berichten können.

Jährlich verleiht der DJV Hessen die „Feder der Pressefreiheit“ (Füllfederhalter mit eingraviertem Namen). Die Preisträger sind unerschrockene Journalisten und Journalistinnen, die für ihr Engagement verfolgt oder inhaftiert werden und wie Niloofar Hamedi eventuell sogar mit der Todesstrafe rechnen müssen.

Sylvia Kuck zählte an Beispielen weitere Aktionen des DJV zur Unterstützung von bedrohten Pressevertretern auf. Dabei erinnerte sie an den Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 „Recht auf freie Meinungsäußerung, Presse- und Rundfunkfreiheit, Informationsfreiheit“, den auch die Türkei unterschrieben hat.

Sie forderte, dass Fake News, alternative Fakten, Kriegspropaganda und fehlender Schutz für Whistleblower nicht einfach hingenommen werden dürfen und sah durch eine zunehmende Nachrichtenmüdigkeit der Menschen sowie schlechte Bezahlung von Journalisten die Pressefreiheit auch in unserem Land in Bedrängnis.

Sie schloss mit der Erkenntnis: „Für die Pressefreiheit braucht es mutige Menschen, eine starke Demokratie und gute Gesetze“.

Magdalena Zeller, Projektleiterin „Geist der Freiheit“ gab eine Einführung zum Projekt „Extrablatt“ und führte mit interessanten Zwischenmoderationen und Kurzinterviews durch das zweistündige Programm. „Bürger von 1848“ aus den Reihen der Zuhörer berichteten dabei von Revolutionsereignissen in ihren Orten.

Auf der Bühne trugen Mitwirkende Auszüge aus dem „Extrablatt“ vor. Es begann mit einer Vorstellung der Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Luise Büchner und ihre Beobachtungen 1848 „Deutschland feiert seinen deutschen Mai“. Phoebe Herzer und Ina Schneiker von der Immanuel-Kant-Schule Rüsselsheim berichteten vom Kampf der Frauenbewegung 1848 und im heutigen Iran.

Es folgten Christian Suhr (Stadt Hanau) mit der Eilmeldung 9.3.1848 Hanauer Ultimatum an den hessischen Kurfürsten in Kassel, der überraschend schnell Zugeständnisse machte und so seinen Thron rettete sowie Elsbeth Ziegler gemeinsam mit Eberhard Eisentraud über die dramatischen Geschehnisse in Bad Orb, als Bürger im Frühjahr 1849 das Militär verjagten.

Vom Turnfest auf dem Feldberg „Im Sonnenschein der Freiheit“, zu dessen Eröffnung sogar ein Redner aus Wien anreiste und Grußworte an die Turner richtete, was dem Fest einen emotionalen Höhepunkt bescherte, berichtete Gregor Maier.

Felicitas Faulstroh und Lilli Böser von der Anna-Schmidt-Schule Frankfurt, spielten eine Interviewsituation der Henriette Zobel mit dem „Extrablatt“. Sie schilderte, wie sie bei einem Angriff aufständischer Bürger gegen zwei prominente Parlamentsabgeordnete unmittelbar ins Geschehen geriet und wohl auch mit ihrem Regenschirm zuschlug. Der gebrochene Schirm als Beweis und Zeugenaussagen brachten ihr wegen der Ermordung eines der Abgeordneten, angeblich durch sie, 15 Jahre Haft in einem Landeszuchthaus ein – ein politisch motiviertes Urteil nach fünf Jahren Untersuchungshaft– sie war eben nur eine Frau.

Nach und nach wurden die Zuhörer gedanklich in die spannungsgeladene Zeit um 1848/49 hineingezogen.

Plötzlich laute Rufe im Sonnemannsaal „Extrablatt“ und „Freiheit“. Ein Schauspielensemble der BüchnerBühne Riedstadt e.V. mit einer theatralischen Intervention zwischen Zeitungslektüre und lautstarker Debatte für und wider die Revolution, brachte die Anwesenden auch mit Liedern wie „Die Gedanken sind frei…“ und „O hängt ihn auf…“ gefühlsmäßig vollends ins Jahr 1848 zu den Barrikaden.

Sangen da nicht auch einige Zuhörer mit? Allgemeiner Applaus war den Schauspielern sicher.

Deutsche Geschichte, lebendig und spannend präsentiert, wird selten so geboten. Die 1848/49 erkämpften und zeitweise wieder zurückgenommenen Freiheitsrechte, auch wenn sie heute in unserem Grundgesetz verankert sind, geraten immer wieder in Gefahr.

Deutschland ist im internationalen Ranking der Pressefreiheit wegen zunehmenden Angriffen und Behinderungen gegen Medienschaffende in diesem Jahr auf Platz 21 abgerutscht.

Bleiben wir wachsam, damit unsere Altvorderen nicht umsonst auf die Barrikaden gingen.

Wolfgang Minich

A K T U E L L E S


Blickpunkt Ausgabe 1/2024

Im Frühjahrs-Blickpunkt lesen Sie

 

  • Wie KI in den journalistischen Alltag eingreift – und was Autoren davon haben
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